Wenn wir uns im Januar angesichts des vielen Regens teilweise schon wie in Norddeutschland gefühlt hatten, wurde dieses Gefühl in diesem Monat noch mal deutlich getoppt. Es regnete und stürmte vor allem in den ersten Wochen ohne Unterlass, laut Antonio hatte es vor 30 Jahren zuletzt so viel Regen im Alentejo gegeben. Damit wurde dieser Monat auch zum ultimativen Praxistest für das autarke Stehen mit Fred – denn an Fahren mit ihm war angesichts der immer schlechteren Bodenverhältnisse natürlich nicht zu denken.
Offgrid-Leben par excellence
Insbesondere die erste Monatshälfte brachte Wetterverhältnisse mit sich, wie wir sie eigentlich nur von unseren Wintertrips in Nord- und Ostdeutschland kannten. Es stürmte und goss wie verrückt, es fühlt sich teilweise an, als wäre Fred ein Schiff, so sehr wurde er von den Orkanböen hin und her geschaukelt. Damit wurden auch unsere Gassirunden mehr und mehr zur Herausforderung. Waren anfangs nur die Fahrtrails zu Schlammspuren geworden, waren jetzt auch die Kuhpfade, die bisher noch einigermaßen gut zu gehen waren, in kompletter Auflösung. Der Boden hatte sich in eine lehmige Paste verwandelt, vergleichbar mit einer Mischung aus Schneematsch und Eisflächen. Da das Gelände ja auch nirgendwo eben, sondern ein ständiges auf und ab ist, wird das Gehen immer mehr zur Rutschpartie – und wir wollen auf keinen Fall in dieser schlammigen Pampe landen.
Es reichte schon, dass einem bei jedem Schritt das Wasser und der Schlamm von allen Seiten in die Schuhe laufen – die schon lange draußen auf dem Podest wohnen, da sie so unglaublich lehmverkrustet sind. Ein Grund, warum wir auch nicht auf Gummistiefel umgesattelt haben (die man ja schlecht im Regen stehen lassen kann), sondern bei unseren Plastiklatschen geblieben sind. Barfuß getragen das perfekte Schuhwerk für die Umstände. Auch TomTom ist vom Wetter und ständig nassen Schlammpfoten nur wenig begeistert – das fängt schon an, wenn wir die Tür von Fred aufmachen: Er hält kurz die Nase in Sturm und Regen und will dann eigentlich sofort wieder umdrehen 😉
Aber zum Glück ist es in Fred warm und trocken. Trotz der teilweise frischen Temperaturen müssen wir dank seiner guten Isolierung kaum heizen, meist reicht es schon, wenn wir morgens Brötchen im Ofen aufbacken – oder abends kochen. Und wir haben auch keinerlei Feuchtigkeit im Wohnkoffer, trotz der ständig nassen Regenjacken und des nassen Hundes (das kennen wir von unserem Manni bei solchen Wetterbedingungen noch anders).
Ganz anders sieht es im kleinen Haus aus. Die Erbauer haben mit seiner Lage in der Senke nicht den strategisch besten Platz ausgewählt. Zwar steht es dort windgeschützt, aber eben auch am tiefsten Punkt, wo sich das ganze Wasser sammelt – und wo mittlerweile auch der gestiegene Grundwasserpegel nach oben drückt. Sichtbar wurde dies am immer feuchteren Fußboden. Am Anfang waren es nur einige nasse Flecken, die sich im Laufe der Zeit in große Pfützen verwandelten. Wir versuchten, die Möbel an den letzten noch trockenen Stellen zu stapeln – was sich aber als zunehmend schwierig erwies. Das Dach hielt zwar dicht, nicht aber der Schornstein oberhalb des Kamins: Von dort bahnte sich auch immer mehr Wasser seinen Weg ins Innere.
Sturm und Dauerregen, Flussüberfahrt überflutet
Auf der anderen Seite muss man natürlich sagen, dass diese winterliche Regenzeit für das Land super wichtig ist, damit alle Stauseen und Wasserspeicher sich wieder für den langen trockenen Sommer füllen können. Und auch für die Natur ist das Wasser essentiell, jetzt bekommen die Pflanzen endlich einmal ausreichend Feuchtigkeit und damit die nötige Energie für das weitere Jahr.
Mittlerweile war unsere morgendliche Hunderunde runter an den Fluss zum Ritual geworden: Pegel gucken! Und es war wirklich beeindruckend zu sehen, wie sich der Fluss immer weiter ausbreitete, inzwischen ging er schon bis an den angrenzenden Olivenhain. Das Rauschen des Flusses konnten wir mittlerweile bis in die Senke vom kleinen Haus hören – ist schon faszinierend, solche Naturgewalten live zu beobachten.
Die Kühe waren ebenfalls wenig begeistert von dem Wetter: Meistens suchten sie sich windgeschützte Plätze unter den großen Korkeichen oder sammelten sich vor ihrem Stall bei Antonio. Ab und zu kam es allerdings auch vor, dass sich die besonders wagemutigen von ihnen bei sinkendem Pegel über die Flussfurt wagten – um dann bei erneut einsetzenden starken Regenfällen vom Rest der Herde getrennt zu werden. Das führte dann zu lauten Muh-Rufen, manchmal die ganze Nacht. Aber da half nur abwarten, bis die Flussüberquerung wieder möglich war.
Einkaufen als Erlebnistour
Auch unsere Einkaufstouren mit dem Landrover wurden immer mehr zum Erlebnis, da sich natürlich auch die Pisten außerhalb des Grundstücks in riesige Schlammflächen verwandelt hatten oder ebenfalls überschwemmt waren. Allrad war hier definitiv das Mittel der Wahl! Wobei Einkaufen per se schon ein Erlebnis ist, wenn man so Offgrid lebt wie hier. Man geht eben nicht mal schnell zum Laden um die Ecke, sondern fährt rund 20 Minuten über Pisten – im Sommer staubig wie die Hölle, im Winter komplett aufgeweicht – bis zum örtlichen Supermarkt. Oder – wenn man etwas größere Auswahl will – fährt man zwischen 30 und 40 Minuten bis zur nächstgrößeren Stadt. Damit empfiehlt sich ein gut strukturierter Einkaufszettel und eine großzügige Vorratshaltung.
Meine absolute Lieblingstour war allerdings die zur Bäckerei in einem kleinen, rund 8 km entfernten Örtchen. Der Weg dorthin führte durch Olivenhaine und Eukalyptuswälder, teils über Sandpisten, teils Gravelroad. War es am Anfang noch eine leicht verwirrende Streckenführung durchs Nichts gewesen, war es nun ganz vertraut. Die Bäckerei selber besteht hauptsächlich aus der riesigen Backstube, da hier auch für die Supermärkte im Umfeld gebacken wird, mit einem winzigen Verkaufsraum davor. Im Zuge von Corona wurde dieser geschlossen und stattdessen einfach eine Klappe in die Tür gesägt: Durch diese rief man seine Bestellung rein und bekam sie dann nach draußen gereicht. Kaum einer der Bewohner in den umliegenden Orten kaufte sein Brot im Supermarkt, sie kamen alle am frühen Abend hierher, wo es direkt warm aus dem Ofen kam. Dazu Butter oder Olivenöl – einfach köstlich!
Ein Hoch auf die Selbstversorgung
Dank unseres immer noch reichlich Gemüse liefernden Gartens brauchen wir zumindest für Frischware nicht extra Einkaufen fahren, sondern können einfach nach Bedarf ernten – etwas das mich immer wieder auf’s Neue begeisterte. Auch wenn das manchmal heißt, dass jahreszeitlich bedingt bestimmte Gemüse dann sehr stark dominieren – im Winter bedeutet das vor allem sehr viel Kohl. Aber so wird man auch zu mehr Kreativität beim Kochen gebracht, wenn man den Kohl nicht immer auf dieselbe Art und Weise essen will.
Wir waren in diesem Monat aber auch sehr dankbar über unsere Solar-Selbstversorgung in Form der Extra-Aufstellpanele. Denn angesichts der Wetterlage gab es natürlich nur sehr wenige Sonnenstunden, die alleine über unsere flachen Dachpanele nicht genügend Strom geliefert hätten. Und Laden der Batterien durch Fahren fiel ja nun mal auf unbestimmte Zeit aus (für alle, die nicht jeden Blogbeitrag gelesen haben, an dieser Stelle nochmal der Hinweis: Wegen unseres nicht mehr vorhandenen Verteilergetriebes hatten wir kein ja Allrad mehr und waren damit mit unserer Tonnage unter den aktuellen Bodenbedingungen zum Stillstand verdammt). Aber mit den schrägen Zusatzpanelen kam selbst an Regentagen genügend Strom rein – wobei man sagen muss, dass hier im Süden selbst bei Dauerregen noch erstaunlich viel Tageslicht herrscht.