Marokko überrascht uns jeden Tag wieder mit komplett neuen landschaftlichen Eindrücken, einer schöner als der andere. Diese Vielseitigkeit ist beeindruckend, und hinzu kommt das ganz besondere Licht, das die Landschaften in immer wieder anderen Farben erstrahlen lässt – und die unglaubliche Weite.
Durch das Atlas Gebirge
Von Sidi Ali führt uns unsere Strecke durch das Atlas Gebirge, erst durch den Mittleren und dann durch den Hohen Atlas auf fast 2.300 Meter. Erst ist die Landschaft noch sehr weit und die Bergketten nur in weiter Ferne zu erkennen, dann schrauben wir uns immer weiter rein und immer höher, bis wir schließlich den schneebedeckten Gipfeln des Hohen Atlas immer näher rücken.
Dieser Tourabschnitt auf der Karte
Es ist einfach atemberaubend, was die Natur so an Gebirgsformationen hervorgebracht hat. Wir fahren bis kurz vor Midelt, wo wir auf eine Nebenstrecke in Richtung eines Stausees abbiegen, um uns dort ein Nachtplätzchen zu suchen. Der See liegt knallblau in der Mitte von den Bergen, allerdings ist es durch die Thermik dort enorm stürmisch, wir bekommen kaum die Türen der Fahrerkabine auf. Also wieder ein Stückchen zurück und an eine kleinen Dünenkamm gekuschelt.
Unsere erste Nacht mitten in der Natur von Marokko beschert uns einen ordentlichen Sturm, einen wunderschönen Sternenhimmel und absolute Einsamkeit. Grandios! Am nächsten Morgen hat sich der Sturm etwas gelegt und wir können mit TomTom noch eine Erkundungsrunde durch die Gegend machen – und wieder sind wir total geflasht von der unglaublichen Weite der Landschaft.
Die nächste Etappe geht durch den Hohen Atlas mit immer krasseren Gebirgszügen, mal in dunkel, dann wieder eher hell mit starken Auswaschungen und bizarren Formationen, teilweise richtige Canyons – ich kann gar nicht aufhören mit dem Fotografieren. Von anderen Reisenden haben wir gehört, dass es Schnee geben soll, wir haben aber Glück und kommen ohne durch. Auf der anderen Seite fahren wir kurz vor Errachida an einem riesigen Stausee vorbei und entdecken dort ein Exmo und mehrere Vans. Kurzentschlossen biegen wir ab und suchen uns einen Platz am Seeufer.
Chillen und Grillen mit Berbern – und Holländern
Kaum ausgestiegen, erscheint schon der erste Fossilien-Verkäufer, in dieser Region eine weit verbreitete Profession. Ehe wir es uns versehen, hat er seine ganz Produktpalette vor uns im Sand ausgebreitet – es sind wirklich schöne Versteinerungen und Mineralien dabei, aber wir wollen ganz bestimmt nicht anfangen, lauter Steine mit in Fred rumzufahren (zumal wir uns auch nicht sicher sind, was der Zoll bei der Ausfuhr dazu sagen würde). Also bleibt es bei einem netten Gespräch mit dem Stone Guy, wie wir in später nennen. Abends gibt es einen spektakulären Sonnenuntergang, der die Berge rund um den Stausee in ein ständig wechselndes Farbenspiel taucht.
Am nächsten Morgen schaut unser Nachbar aus einem niederländischen Van vorbei und fragt, ob wir ihm eine Leiter leihen können. Können wir und daraus entwickelt sich ein richtig langes Gespräch mit Mike und seiner FreundinKayleigh. Später gesellen sich noch der Stone-Guy, ein 4×4 Veranstalter und zwei weitere Niederländer dazu. Der Stone Guy macht noch ein paar gute Geschäft und organisiert uns von den Fischern für 100 Dirham (10 Euro) drei richtig große Fische. Wir beschließen, sie mit allen zusammen zu grillen, der Stone Guy lässt es sich nicht nehmen, uns noch eine Feuerstelle zu bauen und zwei kleine Jungs zum Feuerholz sammeln loszuschicken.
Als wir später das Feuer entzünden, gesellt sich noch ein Berber mit seinem Hund zu uns – Hamid und Rocky, wie wir im Laufe des Abends erfahren. Während wir die Fische auf unser Grillrost legen, macht Hamid eine Tajine mit Gemüse und Gewürzen, gart es vor und legt dann den in Stücke geschnittenen Fisch obendrauf. Die Holländer steuern noch Salat und Nanbrot bei. Gegessen wird dann alles zusammen, jeder von jedem – und die Berber Tajine ist wirklich großartig!
Später gibt es dann noch den berühmten Berber Whisky (also Tee) und Hamid erzählt uns jede Menge aus seinem Leben und über die Philosophie der Berber – Freiheit, Naturverbundenheit und Abhärtung spielen dabei eine große Rolle. Auch wenn Französisch weder seine noch meine (Carola’s) Muttersprache ist und wir beide manchmal nach dem richtigen Wort suchen, funktioniert der Austausch doch erstaunlich gut. So vergeht die Zeit wie im Flug, und plötzlich ist es schon Mitternacht – was sich auch an der inzwischen herrschenden Kälte bemerkbar macht. So schön warm die Tage sind, so kalt sind die Nächte.
Am nächsten Tag zieht das eine holländische Paar weiter, Mike und Kayleigh bleiben, nachdem sie von Hamid noch einen Fisch geschenkt bekommen haben. So wiederholen wir mehr oder weniger das Programm vom Vortag und -abend – und entwickeln die Idee, am folgenden Morgen ein Brot in der heißen Asche zu backen. Gesagt, getan: Mike macht den Teig und los geht’s. Für den ersten Versuch wird es prima, hätte noch etwas mehr aufgehen können, aber geschmacklich 1a.
Mit Getöse in die Wüste
Da wir vier uns super verstehen, beschließen wir, ein Stück gemeinsam weiter zu reisen.Kayleigh möchte sich gerne die Kunstwerke von Hannsjörg Voth in der Wüste in der Nähe von Erfoud in der Martha Ebene ansehen. Die Idee gefällt uns und so haben wir auch gleich ein konkretes Ziel. Und die beiden können mal ein bisschen die Wüsten-Tauglichkeit ihres Düdos testen, da wir sie ja gegebenfalls rausziehen können.
Als erstes haben aber wir ein kleines Problem: Eine der Schranktüren im Küchenoberschrank hat sich offenbar durch die trockene Luft verzogen (wie unsere spätere Analyse ergibt). Bemerken tun wir das daran, dass sie auf dem ersten etwas ruckeligeren Pistenstück aufgeht und ein paar Sachen rausfallen. Alles bleibt heil und wir halten es für ein Versehen. Ein Fehler, wie sich wenige Kilometer später herausstellt: Da geht die Tür nämlich wieder auf und der gesamte Inhalt des Fachs ergießt sich auf den Fußboden, darunter mehrere Gläser und ein Glas Honig… Dieses Mal bleibt leider auch nicht alles heil und wir haben eine schöne klebrige Scherbenmasse…
Da es heute für das Ansehen der Kunstwerke eh zu spät ist, weil es bald dunkel wird, suchen wir uns erstmal einen netten Platz an einer kleinen Düne – und gleich der erste Versuch ist ein Treffer. TomTom flippt total aus und rennt die Düne runter wie ein junger Hund! Und dann heißt es erstmal putzen, damit vor allem TomTom sich nicht an den Scherben verletzt. Abends kochen die beiden und wir essen alle zusammen in Fred – denn sobald die Sonne untergegangen ist, wird es empfindlich kalt, nachts meist so um die null Grad.
Kunst in der Wüste
Am nächsten Mittag brechen wir zu unserer Kunstrunde auf. Am Abend zuvor waren wir bereits an der „Spirale“ vorbeigekommen und in Sichtweite unseres Platzes ist der „Orion“ und weiter entfernt am Horizont die „Himmelstreppe“. Die beiden letzteren sind in traditioneller Lehmbauweise errichtet worden. Mehr Infos zu den Kunstwerken gibt es auf der Website des Künstlers unter www.hannsjoerg-voth.de
Die Pisten sind größtenteils gut befahrbar, haben aber immer mal wieder stark sandige Stücke dazwischen – und die sind dann manchmal doch ein Problem für das Düdo. Aber am Seil hinter Fred pflügt es tapfer überall durch und Mike hat den Spaß seines Lebens! Die Skulpturen sind auch sehr beeindruckend, vor allem in Kombination mit der unendlichen Weite der Landschaft.
Für die nächste Nacht suchen wir uns eine Dünenlandschaft etwas weiter entfernt vom letzten Platz; auch hier ist die Anfahrt durch die letzten sandigen Stücke für das Düdo nur mit Freds Hilfe zu machen. Aber dafür haben wir wieder einen genialen Stellplatz, einfach mitten im Nichts. Die Nächte in der Wüste sind unbeschreiblich schön: Ein gewaltiger Sternenhimmel, absolute Ruhe und dazu umgeben von Dünen.
Geburtstagsparty in der Düne
DaKayleigh am kommenden Tag Geburtstag hat, beschließen wir einen Pausentag zu machen und zu feiern. Zum Auftakt machen wir einen reichhaltigen Brunch, am Nachmittag spendieren wir unsere vorletzte Flasche Sekt zum Anstoßen und abends gibt’s Pasta mit scharfer Tomatensauce und geriebenem Schafskäse. Ist doch immer wieder erstaunlich, was sich noch so alles in unserm Kühlschrank findet. Am nächsten Morgen findet sich auch noch alles Notwendige für Pfannkuchen, mit denen wir uns für unsere nächste Etappe stärken. Wo es uns da hinführt, dann im nächsten Teil!