Menschen, die unsere Reise schon länger verfolgen oder mit denen wir unterwegs ins Gespräch kommen, sind immer wieder erstaunt über unsere Reisegeschwindigkeit. Wobei „Geschwindigkeit“ nicht das passende Wort ist – es ist eher unsere Langsamkeit oder auch – slow travel – in der Fortbewegung, die immer zu amüsierten Bemerkungen führt. Dabei gibt es dafür aus unserer Sicht gute Gründe! So haben wir im Laufe der Jahre und mit dem Wechsel der Fahrzeuge (vom Landy über den MAN G90 hin zu Fred) einfach gemerkt, dass es für uns nicht mehr darum geht, möglichst schnell ganz viel zu sehen, sondern dass wir schöne Plätze auch gerne einfach mal etwas länger genießen und auf uns wirken lassen. Das können dann in unserem Fall allerdings auch schnell mal zwei Wochen am Stück werden 😉
Nicht so schnell…
Der große Vorteil dabei: Man bekommt so erstaunlich viel vom jeweiligen Leben vor Ort mit und knüpft nette Kontakte. Ob mit dem Fischer, der regelmäßig zum Angeln vorbeischaut, mit dem Einheimischen, der jeden Morgen auf seiner Hunderunde vorbeikommt oder mit den Surfern aus dem nächsten Ort, die immer zum Feierabend-Surf auftauchen. Aus den kleinen Small Talks erfährt man dann so einiges aus der Region: Wie voll es hier im Sommer ist, welcher Laden günstig zum Einkaufen zwischendurch gelegen ist, wer diese Gegend schon seit seiner Kindheit kennt und wo es weitere schöne Plätze gibt und so manches mehr. Nun haben wir mit Fred und TomTom zudem noch einen hohen Wiedererkennungsfaktor – so dass es uns dann beim Einkaufen im nächsten Ort auch durchaus passiert, dass uns Menschen fröhlich grüßen, weil sie uns bereits von unserem Stellplatz-Pläuschchen kennen.
Und man lernt natürlich auch die Gegend in dem jeweiligen Abschnitt sehr gut kennen, da wir ja täglich mehrmals mit TomTom unterwegs sind und dabei immer wieder nach neuen Wegen Ausschau halten. Und das geht hier an Portugals Westküste wirklich super: Einerseits gibt es riesige Sandstrände, andererseits ziehen sich entlang der Küste in den Dünen jede Menge kleine Pisten und Pfade, teils durch Sandlandschaften, teils durch mit Kiefern bewachsene Hügel – unglaublich schön und total einsam. Auch hier treffen wir – wenn überhaupt – meist nur auf ein paar Einheimische (gerne auch mal zu Pferd), die hier ihre Runden drehen. Und auch die Flora und Fauna ist hier wirklich toll – jetzt im Februar bricht schon überall der Frühling aus: Die Vogel-Vielfalt wird immer mehr und es herrscht morgens reges Gezwitscher und fast alle Blumen und Sträucher haben bereits Blütenknospen oder blühen sogar schon. Wenn man länger an einem Ort ist, kann man diese Entwicklungen von Tag zu Tag verfolgen und sehen, wie sich die Landschaft mit dem Wandel der Jahreszeit verändert.
So entsteht auch ein Gefühl von „ankommen“. Man ist eben nicht nur für ein paar Tage, sondern für ein paar Wochen oder sogar Monate in einer Region (aktuell bewegen wir uns schon seit 10 Wochen auf mehr oder weniger 100 Küstenkilometern an der Westküste in Portugal). Statt der bekannten Sehenswürdigkeiten bekommen wir bei unserem Reisestil viele kleine Alltagsmomente zu sehen, durch die wir uns dem Land und seinen Bewohnern im Endeffekt aber sehr nahe fühlen – vor allem, wenn wir dann noch (wie im letzten Artikel beschrieben) von Einheimischen eingeladen werden, ein paar Tage bei ihnen zu verbringen.
Und auch der Arbeitsalltag braucht seine Zeit
Ein weiterer Grund für unser phasenweise eher schneckenartiges Vorankommen liegt aber auch in unserer Arbeit, die in manchen Projektphasen einfach viel Aufmerksamkeit fordert. Gerade bei mir (Carola) gibt es an manchen Tagen viele, teils auch mal 1,5 stündige Telefonkonferenzen plus reichlich E-Mail-Verkehr. Denn auch wenn es auf unseren Instagram-Bildern immer so schön und entspannt aussieht (weil wir natürlich mehr das Draußen als unsere Arbeit drinnen fotografieren), herrscht auch bei uns an vielen Tagen ganz normaler Büroalltag. Und dem muss sich der Reisealltag dann auch mal unterordnen, denn eines haben wir im vergangenen Jahr schon gemerkt: Es ist keine gute Idee, in sehr aktiven Projektphasen auch noch größere Reiseetappen absolvieren zu wollen. Das führt dann dazu, dass man im Worst Case quasi unmittelbar am Straßenrand für Abstimmungen anhalten muss, die (zumindest aus Sicht des Kunden) genau jetzt stattfinden müssen. Das trägt wenig zur guten Laune bei und bringt am Ende nichts. Grundsätzlich lassen sich Arbeit und Reisen gut verbinden, wobei man mit dem spontan auftretenden Arbeitsbedarf eben auch umgehen lernen muss.
Unser größter Luxus: Zeit!
Aber wir sehen unser Leben mit Fred eh als einen langfristig angelegten Entwicklungsprozess, der uns schon jetzt vor allem eines beschert: Zeit für die wichtigen Dinge im Leben! Dazu gehört, dass wir nicht mehr in unserem Homeoffice in Hamburg sitzen, sondern beim Arbeiten unterwegs sind. Wir hatten schon vorher keine Zeitverluste durch lange Arbeitswege, aber jetzt können wir zudem direkt nach der Arbeit an den Strand, ans Fjord oder in den Wald gehen, ohne dafür erst irgendwo hinfahren zu müssen – denn wir sind ja schon da. Hinzu kommen natürlich all die anderen schönen Momente des mobilen Lebens: Man hat ein „Haus“ mit Meerblick, kann jeden Abend einen tollen Sonnenuntergang direkt vor der Haustür bewundern, steht irgendwo einsam in der Landschaft rum und hat Elche und Rentiere als Nachbarn oder macht einfach mal schnell ein schönes Feuerchen zum Grillen in der Außenküche an. Das möchten wir auf keinen Fall mehr missen.
Und letztlich ist das ja erst der Anfang! Für die Zukunft planen wir definitiv, unser Arbeitsleben noch weiter zurückzufahren bzw. auf Projekte ohne kurzfristigen Handlungsbedarf zu konzentrieren, so dass wir von dem derzeitigen Status der Unterwegs Seienden zu Reisenden mit entsprechend weiterem Radius ohne Rücksicht auf dauerhafte Erreichbarkeit werden können.
Das langsame Reisen werden wir aber auch dann beibehalten und höchstens zwischendurch mal auf die Tube drücken – so wie im letzten Jahr, als wir in fünf Tagen von Deutschland nach Portugal gedüst sind, um dem nahenden Winterwettter zu entkommen.